Ein gegliedertes Schulsystem ist positiv. Die Differenzierung nach Leistung beim Übergang an die weiterführende Schule führt zu Bildungsungerechtigkeit – oder kann sie sogar zu einem höheren Leistungsniveau führen?

Eine neue Studie zeigt, dass die Aufteilung der Kinder nach Leistung positive Effekte auf den Lernerfolg hat. Das Deutsche Schulportal stellt die Studie der Soziologen Hartmut Esser und Julian Seuring „Kognitive Homogenisierung, schulische Leistungen und soziale Bildungsungleichheit“ vor und geht in einem Interview der Frage nach, wie die Forscher zu ihrer These kommen.

Zur gängigen Annahme, dass der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule in einem stark gegliederten Schulsystem die Bildungsungerechtigkeit verstärke, stellen die Forscher fest, dass die strenge Aufteilung der Kinder in verschiedene Schulformen nicht zu sozialen Ungleichheiten führe und dass die schulischen Übergangsregelungen nicht die gesellschaftlichen Effekte verändern. Vereinfacht formuliert: Ein leistungsorientiertes Schulsystem mit klarer Trennung in verschiedene Schultypen führt nicht zu sozialen Ungerechtigkeiten. Und das ist eine gute Nachricht. Vielmehr habe sich gezeigt, dass in den stärker differenzierten Systemen die Schüler/innen später insgesamt ein höheres Leistungsniveau erreichen können. Die Soziologen gehen davon aus, dass dies mit der (in Bezug auf Leistung) eher einheitlichen Zusammensetzung der Schülerschaft einer Klasse zusammenhängt. Wenn also die leistungsstarken Schüler zusammen arbeiten, führe das zu Vorteilen, höheren Leistungen und das wiederum wirke sich auf die Leistungsgerechtigkeit aus. Wenn andersherum die etwas leistungsschwächeren Schüler ebenfalls zusammen arbeiten, müsste es ebenfalls innerhalb dieser Schülerschaft zu insgesamt höheren Leistungen kommen, als in heterogenen Gruppen.

Auf die Frage, auf welchen Daten die Studie basiere, äußert sich Julian Seuring wie folgt: „In der Studie haben wir uns angeschaut, wie die Aufteilung nach der Grundschule in den Bundesländern funktioniert und welche Folgen das hat. In einigen Ländern kann man frei zwischen den Schulformen wählen, in anderen gibt es genaue Leistungsvoraussetzungen, um an eine bestimmte Schulform zu wechseln. (…) Bei den Übergangsregelungen kann man die Länder grob in drei Gruppen einteilen: komplett liberal, mittelmäßig strikt und ganz strikt. Das haben wir dann mit den Leistungsdaten abgeglichen. Das Ergebnis: Je strikter die Länder beim Wechsel von der Grundschule an die weiterführende Schule vorgehen, desto höher fallen die durchschnittlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler in den siebten Klassen aus – ganz unabhängig von der Schulform.

Die sozialen Effekte nehmen dabei nicht zu, wie häufig vermutet. Stattdessen werden sie gedeckelt.“
Der Einfluss der sozialen Herkunft auf den Bildungserfolg wird der Studie nach nicht verstärkt. Er nimmt aber auch nicht ab, wenn das Leistungsniveau in den strengen Ländern insgesamt steigt. Das ist Hartmut Esser zufolge durch das „Verbot der positiven Auslese“ bedingt. „Selbst in den „strikten“ Ländern mit einer Verbindlichkeit der Empfehlungen kann man Eltern nicht zwingen, Kinder mit einer Empfehlung aufs Gymnasium zu lassen. (…) Damit werden gerade die talentierten Kinder aus bildungsfernen Familien überproportional häufig vom Gymnasium zurückgehalten. Und das schwächt den positiven Effekt der strikten Leistungsorientierung wieder.“

Die positiven Effekte einer strengen Aufteilung erscheinen unterschiedlich, je nach Leistungsvermögen oder Schulform. Nach Esser zeigen sich die positiven Effekte in den Ländern, die strikt nach Leistung differenzieren, gerade bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern. „Dabei profitieren die Schülerinnen und Schüler vor allem in den nichtgymnasialen Schulformen davon, dass die Schulklassen nach den kognitiven Fähigkeiten [einheitlicher] sind. Eine mögliche Erklärung wäre, dass in den besonders strikten Ländern vermutlich auch die Unterrichtskonzepte und der Unterricht selbst stärker auf die besonderen Anforderungen in den Klassen ausgerichtet sind. An den Gymnasien dagegen macht es keinen großen Unterschied, ob die Klassen homogen oder heterogen sind.“

Wenn letztlich die Zahl der Schüler, die eine höhere Schule besuchen, steigt, weil es Chancengleichheit bei Bildung gibt, dann ist das gut – und Talentförderung nach Humboldt, der schon Ende des 18. Jahrhunderts verlangte, dass auch besondere Talente besonderer Förderung bedürfen und nicht nur schlichter strukturierte Kinder. Wenn aber die Zahl der Realschüler und Gymnasiasten deshalb ansteigt, weil die Anforderungen immer stärker nivelliert werden, dann ist der Abschied von Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit programmiert und das hat eine völlig unsinnige Förderung der Inkompetenz zur Folge.

In diesem Zusammenhang mutet es außerordentlich bedauerlich an, dass bei der Bildungsempfehlung durch die Lehrer Kinder aus Familien mit einem stärkeren Bildungshintergrund eher die Empfehlung für die Realschule oder das Gymnasium bekommen als Schüler aus bildungsferneren Elternhäusern. Die Lehrkräfte scheinen bei Kindern aus einer niedrigeren sozialen Schicht eine ungünstigere Leistungsentwicklung vorherzusehen. Vielleicht spielen dabei die angenommenen Unterstützungsmöglichkeiten in den Familien eine Rolle. Die Überlegung der Lehrkräfte könnte lauten: Wenn es schlecht in der Schule läuft, erhalten Akademikerkinder eher Unterstützung als Schüler aus einer bildungsferneren Familie. Allerdings erscheint diese Wahrnehmung verzerrt und sicherlich ungerecht. Wenn nämlich Kinder aus sozial schwächeren und bildungsfernen Elternhäusern am Ende der Klassenstufe 4 gleiche Leistungen erreichen wie Akademikerkinder, haben sie das unter unterschiedlichen Bedingungen geschafft. Kinder aus bildungsferneren Familien sind eigentlich diejenigen, die sich mehr anstrengen mussten, sich besser durchgebissen und mehr erreicht haben, weil sie es entgegen schlechteren familiären Voraussetzungen gleiche Leistungen erbracht haben. Würden Lehrkräfte diese Überlegung berücksichtigen, müssten sie anerkennen, dass gerade diese Kinder bessere individuelle Voraussetzungen für höhere Schulen mitbringen. Bedauerlicherweise scheinen Lehrkräfte aber bildungsferne Elternhäuser mit schwächeren kognitiven Kenntnissen gleichzusetzen.

Quelle des Interviews: Neue Studie: Verstärkt das gegliederte Schulsystem die Bildungsungerechtigkeit? - Das Deutsche Schulportal (deutsches-schulportal.de)

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